Schulanfang

Sie werfen die Stirn in Falten und senken die Stimme. Sie haben die Sorge im Blick, wenn sie zu mir sagen: „Geht bald wieder los, was? Die Ferien sind nicht mehr lang.“ Sie reden, als kondolierten sie. Als teilten sie etwas Furchtbares mit, an dem ich schwer tragen müsste. Die Schule fängt wieder an.

Ja, das tut sie.
Na und?

Wir hatten lange schöne Sommerwochen jenseits von Kopierern und Klausuren. Wir konnten ausschlafen und frei sein. Wie wunderbar!
Und jetzt gehen wir wieder arbeiten, Schule machen.
Ich freue mich drauf. Den einen oder die andere habe ich zwischendurch auf dem Rad getroffen oder im Freibad, auf dem Gartenfest des Kollegen, der Geburtstag hatte, oder auf dem Wochenmarkt.
Immer Freude.
Morgen sehen wir uns wieder, zuerst im Lehrerzimmer und dann in den Klassenräumen.
Schön.

Es ist der Beruf, den ich gewählt und erlernt habe. Kein Grund zu kondolieren.
Ich freue mich auf die missmutigen Mienen meiner Schülerinnen und Schüler, die es unmenschlich früh finden werden, um 7.45 Uhr mit der Bildung zu beginnen. Und ich freue mich auf die kleinen Witzchen, die mir dann (hoffentlich) aus dem Hirn purzeln werden, um Schwung in die Sache zu bringen, um meine jungen Leute dafür zu gewinnen, damit es Laune macht, was wir tun.
Wir arbeiten, lernen, fragen und forschen. Was für ein Glück!
Manche kenne ich vom letzten Jahr. Da freue ich mich auf das Wiedersehen.
Andere werde ich kennenlernen, in ganz neuen Kursen. Dann heißt es Namen lernen und Gesichter. Sie werden still sein anfangs, schweigen und lauschen und gucken, wer ich bin und was da geht.
In ein paar Wochen werden sie schon frecher sein, vorlaut manchmal, Spiele spielen. Ich bin gespannt, wie sie sind, diese, die ich in den nächsten Tagen kennenlernen werde.

Ich mache das nun schon seit mehr als zwanzig Jahren, aber jeder Mensch ist neu und einzig, jede Gruppe von einer eigenen Dynamik.
Ich bin gespannt, wie sie meinen Goethe finden werden, meinen Luther, Kleist, Paulus und den Duden.
Wer sie wohl sind – und wie wir uns verstehen werden?
Bestimmt wird es gut.
Das war (fast) immer so.
Fangen wir also an.
Ich werde da sein.

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